Buchcover Buchcover Buchcover Buchcover Buchcover Buchcover Buchcover
AUSBILDUNG IN WAFFENLEHRE UND TAKTIK - Zwei umfangreiche, reich illustrierte Handschriften.: I. 'Waffen-Lehre. Etwas weitläufiger ausgeführt'. Um 1800 entstandene, anonyme Handschrift in deutscher Sprache, braune Tinte auf gelblichem und bläulichem Papier, überwiegend von einer Hand geschrieben, die unbeschnittenen Blätter wurden bis S. 228 in der Mitte geknickt und nur auf der jeweils rechten Hälfte beschrieben, Blattgröße 21 x 16 cm. Dem Band liegen lose 10 Blätter mit versierten und präzisen Federzeichnungen bei, davon sind 3 doppelblattgroß. Neben dem Text finden sich zahlreiche kleine Verweise auf diese Illustrationen. Den Haupttext ergänzten andere Hände mit Zusätzen. II. 'Taktik'. Um 1800 verfasste, ebenfalls anonyme Handschrift in deutscher Sprache, braune Tinte auf festem Papier, überwiegend von einer Hand geschrieben, mit zahlreichen Nachträgen von 1804 und 1809, die sich auf Reglements der Bayerischen und französischen Armee beziehen Die unbeschnittenen Blätter wurden bis zum Register in der Mitte geknickt und auf der jeweils rechten Hälfte beschrieben, in der linken Spalte finden sich spätere Ergänzungen und über 190 meist schematischen Federzeichnungen, Blattgröße 20,5 x 16,3 cm. I: Einfacher Pappband der Zeit mit 2 blauen Rückenschildern, das untere mit den Initialien 'SP'. II: Grüner Pappband der Zeit mit handschriftlichem Rückenschild (Einbände berieben, Kapitale mit kleinen Einrissen, Rücken von Band II ausgeblichen).

"Die beiden Handschriften zur Waffenlehre und zur Taktik wurden als zusammengehörig betrachtet; dies zeigen die einleitenden Worte der Taktik. Der Inhalt beider Handschriften und die vielen Text-Bild-Bezüge sind äußerst handlungsorientiert, so dass beide Manuskripte als Lehrschriften für einen Ausbildungszusammenhang betrachtet werden können. Für an der Wissenschafts- und Militärgeschichte Interessierte ergibt sich ein besonderer Wert, weil in beiden Schriften Bezüge zu damals aktuellen Forschungsergebnissen hergestellt und zugleich verschiedentlich die Verhältnisse in der deutschen und französischen Armee um 1800 miteinander verglichen werden. Auch wenn eine Ortszuschreibung fehlt, ist auf Grund der erwähnten Personen anzunehmen, dass die Handschriften innerhalb der Bayrischen Armee entstanden sind, deren Neuorganisation sich an den damals zukunftsweisenden Verhältnissen in der französischen Armee nach der Revolution orientierten. Zum ersten Band: Das Manuskript informiert über die Waffen der Infanterie und Kavallerie: Genannt werden Pistolen, die Herstellung der Gewehrläufe und Säbel, der Gebrauch von Haubitzen und Munition. Verglichen werden auch verschiedene Gewehrtypen (Französischer Karabiner, schwedisches Infanteriegewehr, altes österreichisches Gewehr etc.). In den Text integriert sind Tabellen, die z. B. Hinweise auf die in Frankreich gebräuchlichen Kaliber oder die Fabrikation von Schiesspulver enthalten. Nach den einzelnen Waffengattungen werden detaillierte Hinweise zur Munition gegeben, z. B. zur Herstellung des Schiesspulvers: ""Die Güte des Pulvers hängt von dem Verhältniß seiner Bestandtheile, von dem Auffeuchtungswasser, von ihrer Zermischung und Zermalung, und endlich von der Art ab, sie in Körner zu verwandeln"" (zit. N. S. 121). In einer anschließenden Tabelle werden die Zusammensetzung der Bestandteile von Schiesspulver, Salpeter, Schwefel und Kohle genannt. Es wird erwähnt, in welchen Mengenverhältnissen sie für Pulver in der französischen und deutschen Armee gemischt wurden. In einer weiteren, über zwei Seiten angelegten Tabelle, wird die herkömmliche Art, Schiesspulver herzustellen, mit zwei neuen, in Frankreich erfundenen Verfahren verglichen: Dem ""Pulver von Nancy"" (seit 1795) und dem ""Pulver von Chamby"" (diese werden nochmals auf S. 227 in einer Tabelle erwähnt). Anschließend wird die Aufbewahrung des haltbaren Schießpulvers in Fässern thematisiert, wobei auf die in den Magazinen gebotene Vorsicht verwiesen wird. Weitere Tabellen enthalten Informationen über die ""Dimensionen der Patronen bei der Infanterie"" und die entsprechenden Gewichte und Kaliber (S. 138f.). Dann werden die Patronen der Kartätschen, Brand- und Leuchtkugeln, die gleißenden Kugeln sowie Lunten und Feuersteine erwähnt. Ein Nachtrag weist darauf hin, dass man ""die besten (Feuer-)steine vorzüglich an den französischen Küsten der Picardie...."" (zit. N. S. 150) findet. Anschließend wird die Versorgung der Armee mit Munition beschrieben. Diese wurde in Haupt- und Mitteldepots gelagert und auf Blockwagen und Lafetten transportiert. Auf S. 161ff. Folgen Ausführungen zur ""Theorie des Zielens"", z. B. mit den Gewehren der Infanterie, Kanonen und Haubitzen. Die Erklärungen beziehen sich auf Erkenntnisse aus der Mechanik, die in mathematischen Formeln erläutert werden. Die ""Theorie des Zielens"" wird mit Erläuterungen zu der ""dem Pulver eigenen Wirkungsart"" ergänzt (S. 185ff.). Interessant sind Hinweise auf zeitgenössische Versuche zur Wirkung von Pulver und Munition: ""Der Engländer Hutton hat in seinen neuesten Versuchen vom Jahr (die Jahreszahl fehlt, es sind wohl die Versuche von 1775 gemeint)..."" (S. 195). Danach folgen Hinweise zur Form der zum Schießen gebrauchten Kugeln (""Gestalt der Kugel"", S. 215). Vermittelt werden auch Formeln über die Wirkung der Geschütze (S. 224). Eine weitere Tabelle informiert über die in der ""Waffenlehre gebräuchlichen spezifischen Schweren"" (S. 226). Auf Seite 227ff. Wurde ein Nachtrag zur eingangs behandelten Waffenlehre eingefügt. Verglichen werden alte und neue Typen von Gewehren, Stutzen, Karabinern, Musketen und Gewehrschlössern der Infanterie in Frankreich, Bayern, Schweden, Österreich und Hannover. In diesem Kontext findet sich wiederum eine Datierung, die auf die Entstehungszeit des Manuskripts verweist: ""Die oben seit 1795 gemacht..."" (S. 239). Später kommt der Schreiber noch einmal auf Versuche zur Wirkung des Pulvers zurück (S. 241-260). Dabei bezieht er sich auf die Versuche Rumfords aus dem Jahr 1793 (S. 248), dessen Versuchsergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst sind. Diese ausführliche Beschäftigung mit den Experimenten des in den 1790er Jahren mit der Reform und Reorganisation des bayerischen Militärs beauftragten Grafen Rumford zur Sprengkraft von Schießpulver, zur Geschwindigkeit von Artilleriegeschossen und zur Verbesserung von Schusswaffen spricht für eine Enstehung der Handschrift in Bayern. Den Abschluss bilden Ausführungen zur ""Wahrscheinlichkeit des Treffens"" und zur ""Geometrie des Zielens"" (S. 261-270). Zu den lose beiliegenden Illustrationen: Die präzisen Federzeichnungen zeigen technische Details von Gewehren und Waffen und sind nummeriert mit Tabula I.-VII. Die Bezeichnungen der dargestellten Waffen, ihrer mechanischen Details und Funktionen sind französisch und deutsch: Genannt werden Balliste, Kathapulte, Schlagfeder. Die Zeichnungen illustrieren den ersten Text dieser Handschrift zur Waffenlehre, an dessen Rändern jeweils Verweise zu den beigelegten Zeichnungen vermerkt sind. Diese sind in dunklerer Tinte als der Haupttext geschrieben worden, was darauf hindeutet, dass die Text-Bild-Bezüge nachträglich eingefügt worden sind. Auf den Doppelblättern sind einige Figuren der Einzelblätter wiederholt. Zum zweiten Band: Auf Seite 55 findet sich eine hinsichtlich der Datierung und der Lokalisierung der Handschrift aufschlussreiche Bemerkung: ""Anmerkung. Nach dem bayrischen Reglement von 1804 wird jedoch Compagnie in 2 Divisionen, 4 Zügen und jeder Zug in 4 Sectionen aufgetheilt"". Danach sind die einzelnen Dienstgrade innerhalb der bayrischen Armee aufgelistet. Das bayrische Reglement wird nochmals in einer Randglosse auf S. 92 erwähnt. Auf S. 71 wird in einer weiteren Anmerkung ein französisches Reglement aus dem Jahr 1809 genannt, welches sich auf die Kavallerie bezog. Der Text ist in zwei Teile gegliedert: Der erste Teil über die Taktik im Allgemeinen beginnt mit einer Einleitung. Darin wird auf historische Feldzüge rekurriert, z. B. Bezug auf die Truppen Gustav Adolfs im Dreißigjährigen Krieg genommen (S. 32). Ein Unterkapitel behandelt die ""Taktik der Infanterie"". In diesem Zusammenhang werden sowohl die Stellung einer Gruppe, eines Einzelnen sowie eines Bataillons erwähnt (S. 47-60). Ein weiterer Abschnitt erklärt in Text und Bild die Richtung eines Bataillons oder einer Brigade zwischen zwei gegebenen Punkten (in diesem Kontext finden sich ausführliche Textergänzungen, siehe S. 67ff.). Andere Unterkapitel beziehen sich auf die Stellung und die Richtung von Eskadronen (S. 75ff.). Nun werden die ""Grundlagen des Marsches"" erklärt (S. 85ff.). Zeichnungen am Rand des Textes verdeutlichen die Schrittfolgen der Soldaten beim Marschieren. Der von Guibert vorgeschlagene Laufschritt wird erwähnt (S. 92, vor 101). Weitere Passagen des Textes und ergänzende Tabellen beziehen sich auf die Kavallerie. In diesem Zusammenhang fallen Streichungen auf (siehe S. 99ff.). Anschließend folgen Erläuterungen zum ""Fronten Marsch"" von Bataillonen. Das nächste Kapitel trägt den Titel ""Rottenmarsch nach der Verlängerung der Glieder"". (S. 119ff.). Dann schließen sich Hinweise zur Kavallerie an (S. 129ff.). Auch das Fuhrwesen mit Wendungen und Schwenkungen wird kurz erläutert (S. 172ff.). Nun folgt ein Abschnitt zum ""Zusammengesetzten Flanken-Marsch"" bei Infanterie und Kavallerie und auch hier zum Fuhrwesen (S. 175ff.). Die letzten Seiten des ersten Teils beziehen sich auf den ""Contre-Marsch"" (S. 197ff.). Der zweite Teil trägt den Titel: ""Anwendung der Grundlehre des Marsches auf die Evolutionen der Truppen"". Die Ausführungen sind in fünf mit römischen Zahlen nummerierte Abschnitte gegliedert und befinden sich auf S. 212-317. 1. Abschnitt: Auf- und Abmarsch, 2. Abschnitt: Vom Deployiern und Ployiern. 3. Abschnitt: Von den Frontveränderungen. 4. Abschnitt: Von der Formierung der Quarées. 5. Abschnitt: Von dem Defili(r)en oder Brücken-Märschen. Abschließend folgt ein ausführliches Inhaltsverzeichnis (S. 319-327). Mit seinem deutlichen Praxisbezug, den zahlreichen Illustrationen und den vielen, ausführlichen Nachträgen und Ergänzungen späterer Besitzer ist das vorliegende Manuskript ein interessanter Forschungsgegenstand für die Untersuchung der Reorganisationsbemühungen der bayerischen Armee um 1800 und ein aufschlußreiches Dokument für den tatsächlichen Ausbildungsstand der Offiziere in der Zeit der Napoleonischen Kriege. Kollation: Band I.: (2) weiße Bl., 270 beschriebene S., (7) weiße Bl. Und 10 Blätter mit Illustrationen. Band II.: (1) weißes Bl., 327 nummerierte Seiten, zwischen Seite 100 und Seite 101 sind 4 ergänzende, ungezählte Seiten beigebunden worden, (8) unbeschriebene S. - Literatur: George I. Brown: Graf Rumford. Das abenteuerliche Leben des Benjamin Thompson. München 2002. Alois Schmid (Hg.): Handbuch der bayerischen Geschichte. Bd. 4: Das neue Bayern von 1800 bis zur Gegenwart. Erster Teilband. Staat und Politik. 2. Aufl. München 2003. Gerhard Heyl: Ministerium der Armee - Kriegsministerium. In: Wilhelm Volkert (Hg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980. München 1983, S. 330-336."
Preis: 2900 EUR