Buchcover
SPRENGMINEN -: 'Von denen Retarden'. Anonyme Handschrift in deutscher Sprache, braune Tinte auf Papier, undatiert (zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts). 20 Seiten, davon 11 Seiten beschrieben, mit 6 kleinen Skizzen, Blattgröße 20,5 x 15 cm, mittig fadengebunden.

"Das vorliegende Manuskript behandelt Art, Herstellung und Verwendung von Retarden, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im infanteristischen Kampf zum Einsatz kamen und Vorläufer der Richtsprengminen sind. Die Mündungsöffnung der Retarden bildete gleichsam die Wirkungsrichtung der inneren Sprengladung. Die Form bestand meistens aus einem abgeschnittenen Kegel, als Material wurde Eisenguß verwandt. Die Mündung selbst war umgeben von Holz, so dass dies mit Nägeln oder Schnüren an den zu sprengenden Objekten, wie etwa Hindernisse aus Holz oder dünnerem Mauerwerk, befestigt werden konnte. So konnten die zum Schutz infanteristischer Stellungen aufgerichteten Pallisaden oder Tore durchbrochen werden. Da die Retarde allerdings durch Soldaten am zu sprengenden Objekt und damit nahe am Ziel angebracht werden mußte, war der Gebrauch der Retarden gefährlich und wenig effektiv. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts war der Einsatz äußerst umstritten. In der gedruckten zeitgenössischen Literatur finden sich nur wenige Informationen über diese kurzlebige Waffe. Die 'Allgemeine Deutsche Bibliothek' bemerkt eher allgemein: ""Der Verfasser will bey seinem Corps der Artillerie gänzlich entbehren, und dafür eine oder mehrere Retarden mitnehmen. Rec. Ist hierin ganz anderer Meinung. Er glaubt, daß es sehr leicht möglich sey, Retarden und Kanonen zu gleicher Zeit mitzuführen, und daß die Kanonen einen Vorzug vor den Retarden verdienen, weil der Gebrauch der ersteren weit öfter vorkomme, als der der letztern. Sind überdies die gegenseitigen feindlichen leichten Truppen mit Kanonen versehen, so dürften diejenigen, die keine Kanonen haben, den Mangel dieser Waffen sehr bald verspüren, und vielleicht dadurch muthlos werden."" (Kiel 1792, Band 109, S. 595). Die vorliegende Handschrift behandelt diese heute weitgehend in Vergessenheit geratene Waffe in fünf Kapiteln: Die Materien, Vom Gewicht, Von der Form, Wie man die Retarde laden soll, Wie die Retarden zu aplecieren und Vom Effect der Retarden. Die Ausführungen werden durch Modellrechnungen und Skizzen, sowie zahlreiche 'Nota' ergänzt. Insgesamt spricht als Autor viel für einen versierten Mann der Praxis, dessen ausführliche und detaillierte Darstellung des Gebrauchs und der Funktion der Retarde uns heute bei der Bewertung einzelner Taktiken und Denkweisen im infanteristischen Kampf wertvolle Hinweise gibt. - Zustand: Von minimalen Randläsuren abgesehen, wohlerhalten und frisch."
Preis: 600 EUR