Buchcover
PHYTOPHARMAKOLOGISCHE REZEPTUREN UM 1850.: Pharmazeutisches Handbuch (Rezepturformularium) in französischer Sprache, braune Tinte auf liniertem Papier, gut lesbare Schrift von größtenteils einer Hand,mit (teilweise eingeklebten) Zusätzen und Nachträgen Anderer, wohl Paris, zahlreiche Datierungen zwischen 1840 und 1862 . 85 Blätter, größtenteils beidseitig beschrieben, die Blätter 17 bis 21, 23 und 75 - 83 sind unbeschrieben, Blattgröße ca. 30 x 19 cm. Einige Rezepte sind eingeklebt, 3 umfangreichere Abhandlungen über einzelne Wirkstoffe liegen lose bei. Dunkelgrüner, fester Einband der Zeit (Einband stellenweise berieben), folio.

"Interessante Sammlung von phytopharmakologischen Rezepturen eines französischen Apothekers, der genau und ausführlich beschreibt, wie er die verschiedenen Extrakte herstellt, d. h., wie das pflanzliche Ausgangsprodukt beschaffen sein muß, welche Mengen verwendet werden, wie die Preise für die einzelnen Bestandteile sind, wie der Produktionsprozeß verläuft, welche Besonderheiten zu beachten sind und wie die Ergebnisse aussehen. Zumeist wird darüberhinaus das Datum des Destillationsprozesses und einer eventuell modifizierten Wiederholung festgehalten - der Zeitraum der Ergänzungen und Wiederholungen erstreckt sich häufig über mehr als ein Jahrzehnt. Weniger von Interesse war für den Autor der medizinische Anwendungsbereich; Indikationen und Angaben zur Verabreichungen finden sich kaum. Die Sammlung ist durch ein ausführliches Register erschlossen und beginnt mit dem Rezept zur 'Préparation de l'Extrait d'Absinthe-Major', es folgen: 'Extrait aqueux de Belladon', 'Extrait de Salsepareille simple' (Stechwinde), '.. de quina Gris à l'eau bouillante', ' ... de quinquina' (Chinarinde), 'Preparation des Résines des quinas Gris, Jaune & Rouge', 'Extrait D'Armoise' (Beifuß), 'Extrait hydro alcoolique de Belladone', '... de Gentiane' (Enzian), '... de R(acine) de Guimauve' (Eibisch), '... de Scille' (Blaustern), '... de Erysimum' (Schöterich), '... de Mou de Veau', 'Extrait fluide composé pour le sirop antiscorbutique' (es finden sich mehrere verschiedene Rezepte für einen Sirup gegen Skorbut, auf Bl. 41 schließlich die ""nouvelle & deffinitive formule""), 'Eau de Cologne', 'Extrait de Ipecacuanha' (Brechwurzel), '... de Pavots, selon ma methode' (Mohn), '... de 5 racines', '... de Baies de Genièvre' (Wacholderbeere), '... de Rhubarbe chine', '... d'Adarie blanc', 'Extrait aqueux de feuilles de Noyer' (Walnussblätter), 'Extrait de Lichen simple & sucré' (Flechten), 'Extrait ou Rob de Myrtille ou Airelle', 'Extrait composé pour preparer le Suc d'herbes Dépuratives' (blutreinigend), 'Extrait de Chicorée', 'Resine de Jalap'. Von besonderem Interesse könnte das darauf folgende Rezept für 'Haschischine ou Cannabine & Extrait Gras de haschisches' (Bl. 49) sein, es erinnert an die in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in Afghanistan und Nepal durchgeführten Versuche, das zumeist in Indien erworbene Haschisch zu destillieren, um es in kleineren Paketen nach Amerika und Europa bringen zu können. Der hier vorliegende Text weist 7 bis 8 Prozent als Ausbeute aus, gibt mögliche Streckungsmittel an und erwähnt auch die Provenienz : der Verfasser erhielt seine Ware durch Vermittlung eines wohl befreundeten Drogisten direkt aus Alexandrien. Es folgen der 'Extrait composé pour le Sirop de Larrey', 'Extrait d'Althea ou de Guimauve', 'Sirop de Desessarts', 'Extrait de Legumes pour Potages, Bouillon, Ragouts &', 'Pour guerir du Vin Legerement acide', 'Extrait de Cubèbes', 'Préparation de L'extrait de Coloquinte composé', ' ... de Ratanhia' etc. Am Ende des Handbuches beschäftigt sich der Autor ausführlich mit Opium-Rezepturen: 'Extrait d'Opium de Smyrne' (Bl. 69), 'Opium de Perse' (Bl. 71 - 72), 'Essai analytique de 50 gr.d'opium de Smyrne & 50 gr. d'Egypte' (loses beiliegendes Doppelblatt). Opium war als pharmazeutisches Heilmittel seit der Antike bekannt und immer wieder beschrieben worden. Doch dieses spezielle Opium scheint für den Verfasser eine echte Überraschung gewesen zu sein: ""d'une puretée parfaite ... ce nouvel opium brut vient de paraitre dans les maisons de Droguerie de Paris, il est expédié ... de Royaume de Perse."" Nachdem er zwei Versuche mit diesem neuen Opium durchgeführt hat, hält er voller Erstaunen das Ergebnis fest: etwa 20 % statt der normalerweise etwa 10% lassen sich aus diesem äußerst reinen Opium gewinnen. Es stellt sich ihm die Frage, warum nicht die Herren Professoren der 'l'école de Pharmacie' bereits Schritte zur Aneignung und Verarbeitung im nationalen Interesse unternommen haben. Denn ""si ce que je signale est trouvé exact, l'école ne pourrait elle pas, en s'adressant au ministre de commerce, chercher à decouvrir le pays qui le fournit"", um es direkt zu erwerben und zum Nutzen der Allgemeinheit verarbeiten zu lassen. Reinstes persisches Opium durch das Wirtschaftsministerium auffinden und aufkaufen zu lassen und Haschisch aus Ägypten, von Pharmazeuten zu Extrakten veredelt - schöne alte Welt mögen da wohl manche 150 Jahre später denken. Lose beiliegend : 1- 'Etude comparative des diverses Substances ...' (8 Seiten). 2- 'Memoire sur l'analise chimique .. . des racines ...' (11 S.), 3- 'Tarif de l'octroi de la commune d'Ivry', Paris, 1875, gedruckt und 4- eine Postkarte an einen pharmazeutischen Lieferanten, Absender ist ein Monsieur Chapotot, ""Pharmacien de 1re Classe, Ex-Interne des Hopitaux"", Paris. Da die Postkarte aber wohl um 1890 abgestempelt wurde ist fraglich, ob es sich bei Monsieur Chapotot um den Verfasser des vorliegenden Manuskriptes oder einen möglichen späteren Besitzer des Handbuchs handelt. - Stellenweise etwas fleckig, aber insgesamt für ein in der Praxis über einen längeren Zeitraum benutztes Buch sehr gut erhalten."
Preis: 750 EUR