Buchcover
RAU, KARL HEINRICH: Eigenhändiger Brief mit Unterschrift 'K H Rau' an den mit ihm befreundeten (nicht genannten) Nationalökonomen Friedrich Gottlob Schulze, Professor in Jena. Vier engbeschrieben Seiten, Doppelblatt mit Trockenstempel 'Bath' unter einer Krone, Blattgröße 27 x 21,5 cm, datiert Heidelberg, 16. 10. 1848.

"Umfang- und inhaltsreicher Brief über die Lehre an den Universitäten, Landwirtschaft, Wissenschaft und die Revolution, gerichtet an seinen Freund Gottlob Schulze (1795 - 1860), auch Schulze-Gaevernitz genannt, der 1826 ordentlicher Professor für Staats- und Cameralwissenschaften in Jena geworden war er eine Anstalt zur Ausbildung angehender Landwirte und Kameralisten gegründet hatte. 1834 war er einem Ruf an die Universität Greifswald gefolgt und gründete von dort aus 1835 in Eldena die Landwirtschaftliche Akademie. 1839 kehrte er nach Jena zurück, wo er das landwirtschaftliche Institut weiter führte. Am 16. Oktober des Revolutionsjahres 1848 schreibt Rau im Rückblick auf einen Besuch bei Schulze und in dessen landwirtschaftlicher Lehranstalt: ""... Es war mir höchst willkommen und lehrreich, von Deiner fruchtbringenden Wirksamkeit im Lehrfache, die über die Berufskenntnisse hinaus auch den Charakter der Zöglinge umfaßt, näher u. anschaulich unterrichtet zu werden, wobei sich freilich auch die Überzeugung befestigte, daß das Gedeihen der Anstalt in dieser Weise eben ganz von der Persönlichkeit des Vorstehers abhängt und durch äußere Veranstaltungen ohne eine innige Verschmelzung gewisser wissenschaftlicher, gewerblicher und moralischer Eigenschaften und Fähigkeiten nicht sicher zu stellen wäre. Die landwirthschaftlichen Lehranstalten auf dem Lande leiden an dem Fehler, daß die Lehrer sich zu sehr wie Universitätsprofessoren betrachten u. die Schüler nur massenweise, vom Katheder aus, behandeln; es ist daher doppelt verdienstlich, wenn auf der Universität selbst ein Vorsteher das Beispiel giebt, sich mit den einzelnen Zöglingen viel zu beschäftigen, wie dieß nothwendig ist, um tüchtige Praktiker zu bilden. Sicherlich wird es auch an der Anerkennung Deines großen Verdienstes von oben nicht fehlen, wenigstens soweit, daß keine wesentliche Störung zugegeben wird ..."". Rau äußert sich dann anerkennend und bewunderns über Schulzes Ehefrau, die trotz anhaltender Kränklichkeit sich als mustergültige und bewundernswerte Hausfrau gezeigt habe, und berichtet über den Fortgang seiner Reise: ""... nichts war störend als die Besorgniß wegen des badischen Aufruhrs, indeß gaben mir die Zeitungen, auf die ich überall Jagd machte, bald einige Beruhigung ... in Leipzig schwamm ich einige Stunden in dem ungeheuren Gewühl der Messe mit herum. In Dresden gefiel es mir sehr. Die Gallerie blieb nicht hinter meinen hohen Erwartungen zurück, die Sixtina u. die Nacht üben einen mächtigen Zauber aus; je länger man sie beschaut, desto mehr. Auch das Theater (Zar u. Zimmermann, - Fiesco), das grüne Gewölbe, die freundliche Lage am Elbufer, die hübsche Umgebung entsprachen ihrem Rufe. Neben einem kurzen Besuche bei einem alten Univ. Bekannten, Director v. Flotow, hatte ich mit (Albert Christian) Weinlig und (Theodor) Reuning näheren Verkehr; es sind sehr tüchtige Männer ... Auf dem Rückwege brachte ich wieder einige Stunden in Leipzig zu, wo ich (Wilhelm) Roscher und den 82jährigen (Friedrich) Pohl aufsuchte. Bei diesem ist das Auge noch ganz frisch, aber sonst Körper u. Geist hinfällig, auch lebt er in einer so ärmlichen und vernachlässigten Umgebung, wie irgend ein dürftiger Handwerksmann. In Weimar fand ich Deinen Brief mit dem Päckchen vor. Herr Burkart war sehr gefällig, mir Schillers Haus u. die neuen Zimmer des Schlosses zu zeigen, die in der That höchst sehenswürdig sind u. an das münchener Schloß erinnern ..."". Berichtet dann ausführlich über die Agrar-Probleme und Erfahrungen, die ihm der Landwirt Martin Böhme in Oberweimar schilderte. ""... Am 6. Nov. Ist ein Zusammentritt von Abgeordneten der landw. Vereine in Frankfurt angeordnet. Ich wünschte Dich auch dort zu finden. Wenn nur die äußere Ruhe nicht fehlt, die nun von Wien aus und auch in Thüringen wieder sehr bedroht ist. Die Reichsgewalt thut das Ihrige, um Ordnung zu schaffen, allein ihr Hauptmittel, die bewaffnete Macht der Linie, wird schwerlich auf die Dauer aushalten, wenn nicht die Masse der ordnungliebenden Bürger sich ermannt u. sich aneinander schließt. Eure Universität wird wahrscheinlich sehr darunter leiden, wie auch die unsrige diesen Winter schwach besetzt zu bleiben scheint ..."". - Von minimalen Randläsuren abgesehen sehr wohlerhalten."
Preis: 380 EUR