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ZELLER, MAX: 'Statistische Aufschreibungen über Bemerkenswertes aus meinem bisherigen Leben'. Handschrift in schwarzer Tinte auf Papier, Blattgröße 16,5 x 10 cm, letzte Einträge um 1920. 128 Seiten, einfaches Notizbuch mit karierten Seiten (Rückengelenke stark berieben, Einbandbezug mit Fehlstellen und Randläsuren).

"Max Zeller (1880 - 1921) arbeitete nach seinem Studium zunächst an der Industrieschule und der Technischen Hochschule in München und seit 1910 als Assessor bei der Gewerbeinspektion zuerst in Würzburg, dann in München. Bekannt wurde Max Zeller aber als erfolgreicher Alpinist und Autor vieler Bergmonografien und -führer. Nach seinem frühen Tod schrieb der Verfasser des ausführlichen Nachrufs in den Mitteilungen des DÖAV: ""Für den großen Freundeskreis und die Münchner Hochalpinisten bedeutet das plötzliche Hinscheiden Max Zellers einen unersetzlichen Verlust. War er doch ein sportlich tatenvoller, ein publizistisch rühriger und daher einer der bekanntesten von den vielen begeisterten Verehrern unserer schönen Bergwelt. ... Zellers von keinem Hemmnis besiegbare Energie warf sich auf Arbeiten, ansehnlich an Zahl wie Bedeutung, die teils ein Lebenswerk darstellten, teils eine Kampfstellung bedingten, teils problematisch sich ausgestalteten; ideal und altruistisch waren sie alle. Von diesen Arbeiten seien hier nur angedeutet: die Erschließung zuerst der Reiteralpe, dann der Chiemgauer Berge, dann der gesamten Berchtesgadener Alpen; ferner die Erkämpfung der Wegfreiheit in den Jagdgebieten des Blühnbachtales und Hochköniggebietes; fernerhin auch die Bemühungen um die Hebung der Geoplastik durch Propaganda für das Problem des Ostalpenreliefs. Zeller, ein Chiemgauer Kind, war nicht nur seinen heimatlichen Bergen und seinem Lieblingsgebiet, den Berchtesgadner Alpen, sehr zugetan, er führte auch Touren in der Schweiz (Montblanc), in den Zentralalpen, in den venezianischen und Trientiner Alpen und in den Dolomiten aus, deren sämtliche Gruppen er besucht hat. In den Berchtesgadener Alpen glückten ihm viele Erstbegehungen. In der Reiteralpe bezwang er die Überkletterung des ganzen Südkammes an einem Tage. Am Rauschenberg entdeckte er den nach ihm benannten, eigenartigen Zellerkamin, an der Hörndlwand eröffnete er eine ganze Reihe schöner Kletteranstiege. Voll tiefer Bewunderung war er für die Riesen des Gadems, so für die Watzmann-Ostwand, die er in der ?D. AZ.- begeistert schildert ... 1909 erschien sein bedeutendstes Werk: ?Der Führer durch die Berchtesgadener Alpen, 1920 sein ?Schiführer dh die Berchtesgadener Alpen. Er hat weit über 500 Bergfahrten ausgeführt ? von einem gütigen Geschick geleitet; nur in seinen Reiterbergen, in denen er 35mal weilte, ereilte ihn 1909 ein Unfall, der ihn zwang, mit gebrochenem Fuße, sich rutschend fortbewegend, einen Abstieg von fünf Stunden ohne jegliche Hilfe auszuführen, eine Leistung, die Zeugnis von der Kraft und Ausdauer dieses bedeutenden Bergfahrers ablegte. ... Zeller war allen, die ihm nähertreten konnten, ein Mann von ernsthaftem Wesen, aber doch auch gleichzeitig von humorvollem Gehaben. In seinem trauten Heim (er war zwei Jahre glücklich verheiratet) zeigte er gern die Sammlungen wertvoller alpiner Bilder und Bücher, auch seine musterhaft geführten illustrierten Tourenbücher. Vieles davon geht nun nach seinem letzten Willen an das alpine Museum und die Alpenvereinsbücherei über."" (Mitteilungen des DÖAV 1921, Seite 29). Seine hier vorliegenden 'Statistischen Aufschreibungen' geben nicht nur Auskunft über seine Sammlungen von Bildern und Büchern, sie sind vielmehr der Versuch ein Leben in Listen zu fassen: Beginnend mit einem kurzen tabellarischen Lebenslauf enthält das Buch unter Kapitel 'A: Theater, Kunst und allgemeine Wissenschaft (Bibliothek)' zunächst eine Liste der seit 1896 besuchten Theaterstücke und Opern - mit Datum, Name des Stücks und Autors, bzw. Komponisten und getrennt nach Spielstätten, wie Königl. Hoftheater, Königl. Residenztheater, Münchner Schauspielhaus, Gärtnerplatztheater, Volkstheater, Würzburger Stadttheater, Frankfurter Opernhaus, Dresdner und Wiener Hofoper u.v.a.m. 211 besuchte Vorstellungen in 24 Jahren weisen Zeller als regelmäßigen und interessieten Theatergänger aus. Ein großer Cineast scheint er nicht gewesen zu sein: 7 Kinoauffühungen hat er zwischen 1910 und 1920 besucht und dabei eher Dokumentarisches bevorzugt - 'Der Skilauf im Hochgebirge' war sein letzter Film. Diesen Listen folgt - gut versteckt - eine kleine Liste mit den 'wichtigsten Zahlen': Nummern der Versicherungspolicen, der Uhr, des Fahrrads, des 'Photographenapparats', des Depots etc. Auf Seite 27 folgt eine Liste 'besonderer Konzerte', dann eine Liste der seit 1896 besuchten 48 Kunstausstellungen. Ab Seite 31 listet Zeller unter der Überschrift 'B. Bilder-Sammlung' die von ihm erworbenen 'Originalgemälde', 'farbigen Reproduktionen', 'Photogr. Reprod.' und 'Nicht eingerahmte phot. Bilder' (alle jeweils mit Angabe der Maße und der Preise) auf. Eine eigene Liste ist den 'dedizierten Bildern' gewidmet. Eine Übersicht 'Zusammenstellung meiner Photos', die auch die Fotos in Alben berücksichtigt, zeigt, dass Zeller 1550 Fotografien besessen hat. Ab Seite 43 wechselt die Auflistung vom Kunstbesitz zurück zu den kulturellen Aktivitäten: aufgezählt werden auf 8 Seiten 147 Besuche von 'Technischen Etablissements' (Lokomotivfabriken, Eisenwerke, Maschinenfabriken, Farbenhersteller, Zementfabriken, Brauereien, Kugelfabriken, Presswerke, Lederfabriken, Flugzeughersteller, Verleger, Textil- und Tabakfirmen, Raffinerien, Druckereien, Spinnereien, Gießereien, optische Werke, Möbelwerke u.v.a.m.). Dem folgt das Bibliotheksverzeichnis unter der Überschrift 'Literatur (Bibliothek, umfassend ca. 300 Bücher, größtenteils alpinen Inhalts)'. Entgegen der Überschrift beginnt das Verzeichnis mit Büchern 'wissenschaftlicher Art', dann folgen Romane (mit einer starken Strindberg-Abteilung), 'Theater-Textbücher', 'Kriegsbücher', 'Zugeeignete Schriften (Doktordissertationen)' und dann erst die Abteilung 'Alpine Bibliothek', gefolgt von einer Liste 'Pers. angeh. Vorträge berühmter Zeitgenossen' und 'Alpiner Vorträge'. Ab Seite 68 listet Zeller seine eigenen Veröffentlichungen auf, danach seine unveröffentlichten alpinen Schriften, seine Bergfahrten-Tagebücher, seine Beteiligung an Ausstellungen und seine 'Eigenen Sammlungen': Tourenbilder, Postkarten, Briefmarken, Münzen, Reklamemarken u.a.m. Mit Seite 73 beginnt das Kapitel 'Sport': aufgelistet werden seine 549 Bergfahrten, die er in der Zeit vom 1. August 1886 bis zum 7. November 1920 unternommen hatte, sowie separat die 26 Erstbesteigungen, die 59 überschrittenen Jöcher und Pässe, die 95 besuchten Unterkunftshütten des DÖAV, die 26 überschrittenen Gletscher, die 11 'Betretenen Klammen', die sportlichen Unfälle seit dem 6. Lebensjahr und die Krankheiten. Dann folgen unternommene Ballonfahrten, 'Aeroplan-Flüge', 'Schauflüge und Sturzflüge', 'Größere Autofahrten', 'Jagdsport (als Mitgänger)', Angel-, Fecht- und Reitsport, Schlittschuhlauf, Schlittenfahrten, größere Fußtouren, alle Arten von Bootsfahrten, Radtouren, größere Bahnreisen etc. Auch die Vereinsmitgliedschaften werden aufgelistet, ebenso die Städtebesuche und schließlich auch das 'Inventar': Gebirgsausrüstungsgegenstände (unter Nennung aller Hüte, Jacken, Hosen etc.), Sportsachen, Bekleidung (inkl. Schuhe und Wäsche). Insgesamt ein ebenso schlichtes, wie aufschlussreiches Dokument - sowohl für die Biographie eines berühmten Alpinisten, der sport-, kultur- und technikbegeistert war als auch für das bisweilen zwanghafte Bemühen, insbesondere in Zeiten des Umbruchs, Ordnung und Sicherheit durch Listen zu schaffen (vergl. Umberto Ecco, Die unendliche Liste, 2009). - Innendeckel mit dem ex libris des Verfassers, eine Lage lose."
Preis: 600 EUR