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SYBEL, JOHANN KARL: Biographische Nachrichten über den zu Helmstädt verstorbenen Hofrath und Doktor G. C. Beireis. Berlin, Friedrich Maurer, 1811 72 S., ockerfarbener Pappband der Zeit (Einband berieben), 16,4 x 10,5 cm. Erste Ausgabe.

"(Holzmann-B. III, 6207). Gottfried Christoph Beireis (1730-1809) war als praktizierender Arzt ebenso erfolgreich wie als Professor der Physik und Chemie an der Universität Helmstedt, wo er ab 1768 drei Lehrstühle bekleidete. Mit seinen chemisch-technischen Erfindungen, insbesondere zur Gewinnung von Mineralfarben, verdiente er ein Vermögen, das es ihm erlaubte eine legendäre Kunstkammer, Goethe nannte sie die 'Wunder von Helmstedt', zusammen zu tragen. In seiner Sammlung befanden sich Bilder aus den Werkstätten von Cranach und Rubens, mechanische Automaten von Jacques de Vaucanson, physikalische Instrumente (unter anderem aus dem Vorbesitz von Otto von Guericke), Mineralien, medizinische Präparate, antike Münzen, Ethnographika und eine Rechenmaschine von Philipp Matthäus Hahn, sowie die Sammlung konservierter anatomischer Präparate des Berliner Arztes Johann N. Lieberkühn und möglicherweise auch ein sagenumwobener Diamant. Beireis zog prominete Besucher aus dem In- und Ausland an; Goethe besuchte Beireis 1805 und war beeindruckt von der wertvollen Sammlung. ""Nun gedenke ich noch eine kleine Reise nach Helmstedt zu machen, um daselbst den wunderlichen Doktor Beireis zu besuchen. Er ist schon so alt, dass man sich eilen muß, um ihn und seine Besitzungen noch zusammenzufinden."" (zit. nach Klaus Biener in: RZ-Mitteilungen Nr. 23, Mai 2002, S. 72). Ein Jahr später besuchte ihn Achim von Arnim und widmete dem Professor und Sammler ein Kapitel seines Romans 'Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores', Arno Schmidt beschäftigte sich drei Jahrzehnte lang mit dem Universalgelehrten Beireis. In der vorliegenden Biographie verspricht der aus der Stadt Brandenburg stammende Dr. Sybel, auch die Geheimnisse der Beireischen Herstellung von Gold zu entdecken. 1798 hatte er das Vergnügen gehabt, einen ganzen Tag im Hause Beireis zuzubringen, er ""lernte die Schätze seines reichhaltigen Kunstkabinets, so wie die Gemäldesammlung kennen. ... Von den Merkwürdigkeiten seines Kunstkabinets interessierte mich besonders die Rechenmaschine des Würtembergischen Predigers Hahn, ...der ganze Apparat des berühmten Otto von Guerike, zusammt den halben Kugeln, ... dann endlich die bekannten Vaucansonschen Automate: ein Flötenspieler, ein Trommelschläger und eine Ente."" (S. 5f). Von der Gemäldesammlung war Sybel ebenso begeistert. Beireis Versicherung nach, ""besaß kein Regent der Erde eine kostbarere Sammlung, denn sie enthalte den ersten Versuch und das Hauptwerk eines jeden großen Meisters."" (S. 8). Sybel beschreibt anschaulich, wie Beireis beim Ankauf der Lieberkühnschen Präparate dem im Auftrag der russischen Kaiserin angereisten Fürsten Orlow zuvorkommt, gibt die ihm von Beireis geschilderten Wundertaten als junger Arzt wieder (auch der Druck der Dissertation in silbernen Buchstaben auf himmelblauem Atlas bleibt nicht unerwähnt). Den handgroßen Diamanten, ""den kein Reich der Welt zu bezahlen vermöge"", durfte er leider nicht in Augenschein nehmen, der würde im übrigen nach dem Tode von Beireis ""aufsteigen zum Urquell, von dem er ausging"". (S. 11). Die Menschheit, die Beireis nicht wirlich zu würdigen wüsse, sei seiner nicht wert. Sybel ist beeindruckt von dem Gelehrten, merkt aber doch an, dass seiner Eitelkeit zu frönen, Beireis ""keine Zeit zu edel, ja vielleicht kein Mittel zu unerlaubt"" (S. 14) gewesen sei. ""Eitelkeit war der Hauptzug seines Charakters, und die Bewunderung der unkundigen Menge der lieblichste Weihrauch, der ersehnteste Preis seines Strebens."" (S. 17). Er hielt sich, so Sybel, für den verwegensten Reiter, elegantesten Tänzer, vollkommensten Jäger, Kenner aller toten und lebenden Sprachen und das Ideal männlicher Vollkommenheit. Beireis Ausführungen über die Kunst Gold zu machen, nehmen breiten Raum in Sybels Schrift ein (S. 23 bis 34), dann folgen der eigentliche biographische Abriß und ab Seite 50 die Schilderung des Testaments und des Verbleibs der Sammlungen. ""Auffallend bleibt es, daß nach seinem Tode die beiden kostbarsten Sachen seines Besitzthums: der große Diamant und das Weltauge, nicht gefunden"" wurden. (S. 52) - ohnehin seien die meisten Kenner übereingekommen, dass es sich nicht um einen Diamanten, sondern um einen Madagaskarschen Kiesel gehandelt haben müsse. In einem Nachtrag verteidigt Sybel seine vorab in Auszügen bereits veröffentlichte Biographie Beireis und stellt fest, dass auch andere Zeitgenossen, bei aller Bewunderung für die Gelehrsamkeit und das Kunstkabinett, die ""Windbeuteleien und Charlatanerien"" Bareis erwähnt hätten. - Innendeckel mit dem ex libris des Leipziger Juristen und Büchersammlers Christian Friedrich Eberhard (Ex Bibliotheca Christiani Fridrici Eberhard, Lips. J.V.D.), dessen umfangreiche Bibliothek 1828 katalogisiert und im Februar 1829 versteigert wurde, Vorsatzblatt mit dem handschriftlichen Besitzvermerk 'E. F. Mooyer Minden im Mai 1829' - das ist wohl der Seiden-Kaufmann und Mindener Lokalhistoriker Ernst Friedrich Mooyer (1798 - 1861) - und dem späteren handschriftlichen Zusatz 'aus der Bibliothek des Prof. O. Jahn, 1870'. Schönes, nahezu fleckenfreies und ungebräuntes Exemplar."
Preis: 750 EUR