Buchcover
PRAXIS MEDICA -: Anonymes Manuskript in lateinischer Sprache, braune Tinte auf festem Schreibpapier, undatiert (Frankreich, um 1767). Gut lesbare, gleichmäßige Schrift; Blattgröße 18,5 x 11,8 cm, Schriftspiegel ca. 16,5 x 10 cm. Band 2 und 3 (von 3 Bänden ?). Band 1: Seite 241 bis 476 (Sprung in der Paginierung von S. 269 auf 280 und S. 420 auf 423) und (2) S. (Index). Band 2 : S. 477 bis 780, (2) S. Index (die Seiten 691/2 und 731/2 sind unbeschrieben). Zwei uniform gebundene Lederbände der Zeit mit je 2 Rückenschildern, floraler Rückenvergoldung und dreiseitigem Rotschnitt (Kapitale und Kanten berieben und bestossen, Gelenke mit geklebten Einrissen).

Zwei Bände einer methodischen Niederschrift praktischen medizinischen Wissens, bestehend aus der Beschreibung der jeweiligen Krankheit, dann der Prognose und schließlich der zur Heilung notwendigen Medikamente. Insbesondere der phramakologische Teil besticht durch die ins Detail gehende Aufführung der Bestandteile des jeweiligen Heilmittels. Ein Vergleich mit einer Reihe von gedruckten Werken zum Thema (Bang, 1789; Boerhaeve, 1728; Dodoens, 1616; Galien, 1680; Rivière, 1653; Piquerus, 1775; Egbert, 1640) zeigt, dass das vorliegende Manuskript ganz offensichtlich eine originäre Arbeit ist; Aufbau und Form schließen zudem aus, dass es sich um eine Vorlesungsmitschrift oder ein in der Praxis chronologisch geführtes, medizinisches Notizbuch handelt. Die Detailkenntnis in den Bereichen Krankheitsbild, Krankheitsverlauf und Behandlung lassen als Autor auf einen erfahrenen Arzt schließen - in der oben genannten, gedruckten Literatur nimmt gerade die Heilmittelkunde einen vergleichsweise geringen Platz ein. Die Anordnung des Stoffes unter bestimmte Themen spricht für eine versierte Bearbeitung des in der Praxis gewonnenen Wissens. Die Arbeit ist durchgängig in Traktate aufgeteilt, die dann jeweils aus mehreren Einzeldarstellungen bestehen. Beginnend mit dem Rheumatismus (241) behandelt der erste hier vorliegende Band Gelbsucht (254), Wassersucht (254), Blähungen (300), Skorbut (316), Lues (329), Gonorrhö (331). Es folgt der 'Tractatus de morbis intestinorum' (369) mit Einzelkapiteln u. a. über Diarrhö (370), Dyssentrie (384), Magenverstimmung (416), Koliken (420), aber auch über die Cholera (430) und über Würmer (438). Das letzte Kapitel dieses Bandes befaßt sich mit Giften (Tractatus de venenis 360 - 471). Der zweite Band beginnt mit einer Abhandlung über Blutungen (477), um daraufhin spezielle Arten von Blutungen aufzuführen (Nasenbluten, blutiger Auswurf etc.). Folgt ein Kapitel über ansteckende Krankheiten (429), Eiterungen (540), Augenentzündungen (572), Angina (584), Rippenfellentzündungen (593), Lungenentzündung (606), Nierenkoliken (634) und Blasenentzündungen (628). Folgt ein Kapitel über die Erkrankungen der Brust u. a. mit einer Abhandlung über Schwindsucht, ein weiteres über Blasen- und Nierensteine (693) und ein Schlußkapitel über Hautkrankheiten (733), wie Herpes, Pusteln, Verbrennungen. Der letzte Teil, 'Tractatus de morbis sensum', geht auf Probleme beim Hören, Schmecken und Sehen ein. Gelegentlich wird sowohl auf klassische Werke Bezug genommen (Galen, van Swieten oder Boerhaave), doch zumeist wird wohl die eigene Erfahrung referiert. Auffällig - bei aller Vielfalt der für die Pillen, Säfte und Einläufe zu verwendenden Naturheilmittel - ist die häufige Verschreibung von Rheinwein, aber auch Cannabis (S. 259 u. a.), Laudanum (S. 382 u. a.) oder Theriak (Opium S. 432). Beeindruckende Arbeit eines methodisch vorgehenden, knapp und klar formulierenden Mediziners des 18. Jahrhunderts. - Von wenigen Randläsuren und geringen Feuchtigkeitsspuren abgesehen wohlerhalten.
Preis: 750 EUR