"Bei dem dargestellten Schloss handelt es sich um Schloss Prauß (oder Prusy) im ehemaligen Kreis Strehlen in Niederschlesien (wir danken Herrn Arne Franke M.A. für den entsprechenden Hinweis). Insbesondere die charakteristische Tordurchfahrt lässt daran keinen Zweifel. Rechts daneben erstreckt sich das eigentliche Schloss. Dabei handelte es sich um eine Vierflügelanlage aus dem 16. Jahrhundert, die 1778 durch Ludwig Anton von Zierotin in spätbarocken Formen erneuert wurde. Auf der Vedute sieht man die östliche Seitenfassade, die durch einen risalit-artigen Anbau gegliedert ist. Die im Süden gelegene Haupt- und Eingangsfassade erstreckte sich hingegen zum Hof hin. Heute sind von dieser einst prächtigen Anlage nur noch die Umfassungsmauern erhalten. Im Vordergrund ist der Vorplatz dargestellt, ein breiter Weg führt entlang einer niedrigen Mauer auf das Schlosstor zu, auf der anderen Seite wird er von Rasenflächen begrenzt, die von Gittern gefasst sind. Arbeitende Landbevölkerung, spielende Kinder und ein Herr zu Pferde bilden die belebende Staffage. Das Torgebäude besteht aus einem Turm, bekrönt von Zwiebelhaube und Laterne, sowie zwei flankierenden Nebengebäuden mit ziegelgedecktem Pagodendach. Die Fassaden dieser Häuser sind grau gestrichen, die Turmstruktur wird durch Weiß und Grau akzentuiert. Denselben Farbkanon findet man in dem älteren Gebäude links mit geschweiftem Volutengiebel. Im Hof ragen hochgewachsene schlanke Pappeln hoch in den Himmel, dahinter erkennt man das hohe Dach eines weiteren Gebäudes, das wohl ebenfalls der Ökonomie diente. Das eigentliche Schloss mit rosafarbenem Anstrich nimmt die rechte Bildhälfte ein. Der schlichte Baukörper mit blockhaftem zweiachsigem Risalit wird an den Kanten durch Ortrandsteine gegliedert, ein horizontal verlaufendes Band trennt die Geschosse. Weiße Faschen mit Keilstein umrahmen die Fenster. Ein Walmdach deckt das Schloss. An das Schloss schließt sich der Landschaftspark an, der es malerisch umfasst. Er erstreckt sich auch entlang der bereits genannten Mauer. Die Wiedergabe von atmosphärisch wirkendem Blattwerk gehört zu den Stärken des Zeichners (oder der Zeichnerin?), besonders schön wirken die Pappeln vor dem Wolkenhimmel oder der einzelne Baum vor der Schlossfassade. Fraglos kommt dem Blatt eine hohe dokumentarische Bedeutung zu. Es vermittelt womöglich zahlreiche bislang unbekannte Details zur Bau- und Gartengeschichte. Auf der Rückseite des beigefügten Kartons, auf dem die Gouache zwecks Rahmung aufgeklebt war, finden sich mehrere Makulaturstreifen. Folgendes lässt sich auf den Randstreifen entziffern: Oben: "Karoline Schwarzer"; rechts sind überhaupt nur Bruchstücke zu erkennen; unten: "der größten Hitze und Kälte, da wo der" sowie links: "Den Läufern steht das Ziel [am Ende]", ein Zitat aus Johann Gottfried Herders Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Auffallend ist der horizontale Klebestreifen im unteren Drittel mit der Aufschrift: "Caroline Schwarzer aus Sturbdorf [?] den 22ten April 1838" und nochmals "1838". Die Datierung erscheint plausibel. Ein Ort namens Sturbdorf oder, nach anderer Lesart, Stubsdorf, Stunsdorf, Stumsdorf, Steubdorf konnte nicht sinnvoll lokalisiert werden. Zustand: Kleinere Schäden auf der gemalten Rahmenfläche: Oben links Knickfalte, diese zudem 4 cm eingerissen, oben 2 cm langer Einriss, rechts schmales Loch von 1 cm Länge. Diese Schäden lassen sich durch eine Rahmenleiste leicht abdecken, die eigentliche Bildfläche ist unversehrt. Ursprünglich aufgeklebt auf einen Karton derselben Größe, davon nunmehr gelöst. Der Karton separat erhalten, beidseitig verstärkt an allen Rändern sowie quer verlaufend im unteren Drittel durch Papierstreifen, diese teils stark eingerissen, auf der Rückseite mit Makulaturen versehen. Ein Gutachten von Dr. Guido Hinterkeuser, Berlin liegt vor." Preis: 850 EUR