Buchcover Buchcover Buchcover Buchcover Buchcover Buchcover
STURMHÖFEL, AUREL -: Album mit ca. 60 Zeichnungen in Aquarell, Tusche, Feder und Bleistift, sowie 1 Original-Photographie auf insgesamt 49 Blättern in unterschiedlicher Färbung von weiß bis braun, sowie 2 Blumen-Stickereien auf den weißen Seidenmoirée-Vorsätzen. Datierungen zwischen 1854 und 1858, diverse Wasserzeichen, u.a. Whatman 1855. Blätter teilweise leer, teilweise beidseitig mit Zeichnungen versehen; diese oftmals montiert, bisweilen auf Pergaminpapier. Beigefügt zwei auf Pappe aufgeklebte kleine Zeichnungen. Einband in braunem Leder, mit dekorativer Blindprägung auf Decken und Rücken, Decken mit goldgeprägter Filete, dreiseitiger Goldschnitt, Fadenheftung mit Falz, Querformat (Kanten minimal berieben), 20,5 x 23,5 cm.

"Das vorliegende Album stammt aus dem Besitz eines angehenden Architekten, bei dem es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Aurel Sturmhöfel handelt. Die zahlreichen Zeichnungen mit Architekturdetails insbesondere der gotischen Baukunst weisen daraufhin, dass sich hier ein Architekt mit dem Formenkanon vergangener Jahrhunderte auseinandersetzte, um sich entweder das Repertoire erstmals anzueigenen und seine Fertigkeiten als Zeichner einzuüben oder um sich einen Vorrat für das künftige eigene Schaffen anzulegen. Die Details sind Gebäuden entnommen, die teilweise bezeichnet sind und etwa in Freiburg a. d. Unstrut, Zwickau, Naumburg, Nürnberg, Paris, Worms, Marburg, Erfurt, Antwerpen oder London stehen und zeigen Portale, Chorschranke, Wasserspeier, Säulenkapitelle, Giebel, Fensterabschlüsse, Reliefrosette, Plafonds etc. Der Zeichner hat sich wohl kaum an allen genannten Orten aufgehalten und die Details direkt von den originalen Bauwerken abgezeichnet, sondern er hat sich auch Vorlagenblättern bedient, darauf deutet die gelegentliche Verwendung von Pergaminpapier hin, auf das er in feinen Tuschestrichen die Umrisse der Vorlagen nachgezogen hat. Andere Zeichnungen wiederum sind direkt in Graphit ausgeführt, obwohl es sich auch hierbei um Nachzeichnungen existierender Kunstwerke handelt wie den Jüngling auf stilisiertem Panther (Bl. 5r), die Venus Medici (Bl. 16r) oder die kämpfende Amazone von August Karl Eduard Kiss vor dem Alten Museum in Berlin (Bl. 34v). Dazu gesellen sich einige wenige sehr qualitätvolle Aquarelle. Dürften die meisten Zeichnungen von der Hand dessen stammen, der auch das Album anlegte, so finden sich doch einige wenige Blätter darin, an die er auf anderem Wege gelangt war. Was aber deutet darauf hin, dass es sich um ein Album aus dem Besitz des Architekten Aurel Sturmhöfel handelt? Hierbei kommen vor allem zwei Zeichnungen (Bl. 2r, 3r) des renommierten Hamburger Architekten Martin Haller (1835-1925) ins Spiel, die eine persönliche Widmung Hallers an Aurel Sturmhöfel aufweisen. Vom Empfänger dieser beiden kleinen Blätter lässt sich also auf den Besitzer des Albums schließen, will man nicht annehmen, dass sie hier erst später in Zweitverwendung eingeklebt wurden. Dies ist jedoch sehr unwahrscheinlich, entstanden sie doch in derselben Zeit (1854, 1856) wie das Papier des Albums (1855), woraus man schließen darf, dass sie zeitnah eingeklebt wurden, also von Aurel Sturmhöfel selbst. Hinzu kommt die Fotografie vom Südportal des Meißner Doms, entstanden im August 1854, signiert von Sturmhöfel, womit nur Amandus Sturmhöfel (geb. 1823) gemeint sein kann, der seit 1855 ein ""Photographischen Atelier"" in Freiberg in Sachsen betrieb. Bei Amandus Sturmhöfel könnte es sich vielleicht um den Bruder von Aurel Sturmhöfel handeln, jedenfalls unterstützt das Blatt ebenfalls die These, dass das Album Aurelius Sturmhöfel gehörte. Desgleichen gilt für eine Zeichnung, die mit ""N. Stur"" signiert ist, wobei diese Signatur offensichtlich nicht vollständig und das Blatt am rechten Rand beschnitten ist. Eventuell muss man sie zu Sturmhöfel ergänzen, vielleicht ist Nahida Sturmhöfel (1822-1889) damit gemeint, die Tochter des in Flatow tätigen Hauptmanns und Kreissteuereinnehmers Karl Friedrich Wilhelm Sturmhöfel. Sie war eine Dichertin und Frauenrechtlerin, lebte seit 1848 in Dresden und war zeitweilig mit dem Berliner Schriftsteller und Kunstkritiker Max Schasler (1819-1903) verheiratet. In welcher Beziehung die hier genannten Mitglieder der Familie Sturmhöfel zueinander stehen, ob sie also eventuell Geschwister waren, müsste erst noch erforscht werden. Auch über Aurel Sturmhöfel selbst weiß man bislang wenig. Sicher ist, dass er Architekt war und später als Stadtbaurat in Magdeburg wirkte. Der Inhalt des Albums deutet auf die Jahre seiner Ausbildung und seines Studiums, damals muss er mit dem später renommierten Hamburger Architekten Martin Haller zusammengetroffen sein, der in Potsdam und Berlin studierte, wo sich also womöglich auch Sturmhöfel zum Architekten heranbilden ließ. 1855 war Haller 20 Jahre alt, sollte Aurel Sturmhöfel ein Studienkollege gewesen sein wäre er gegen 1835 geboren worden. In seiner Eigenschaft als Magdeburger Stadtbaurat entwarf er 1876 die Kapelle auf dem Südfriedhof, und von 1879 bis 1882 die Zollbrücke, beides Bauwerke, die sich bis heute erhalten haben. Es ist jedoch davon auszugehen, dass er noch weitere Gebäude in seiner Magdeburger Zeit errichtete. Daneben trat Sturmhöfel am Ende seiner Karriere vermehrt als Autor in Erscheinung, sei es durch Beiträge für das Handbuch der Architektur, sei es durch eigenständige Veröffentlichungen wie 'Scene der Alten und Bühne der Neuzeit. Ein Beitrag zur Lösung der Volkstheaterfrage, zugleich ein Versuch zur Raumgestaltung großer Zuschauerräume, aus den bisher üblichen Theaterformen entwickelt' (Berlin 1889), 'Centralbau oder Langhaus? Eine Erörterung der Schallverhältnisse in Kirchen' (Berlin 1897) oder 'Akustik des Baumeisters oder: Der Schall im begrenzten Raume' (Dresden 1898). Einige Blätter machen das Album zu einem besonderen Schatz. Dazu gehört vor allem die sehr frühe, vielleicht sogar früheste, jedenfalls bislang gänzliche unbekannte Fotografie des Südportals des Meißener Doms aus dem Jahr 1854 (Bl. 1r). Die frühesten bislang vom Berliner Schloss bekannten Fotografien stammen erst aus dem Jahr 1858. Insofern haben wir es hier mit einem ganz frühen Abzug zu tun, der handschriftlich signiert und zweifelsfrei in das Jahr 1854 datiert ist. Amandus Sturmhöfel, der sicherlich mit Aurel Sturmhöfel verwandt war, eröffnete 1855 in Freiberg ein Photographisches Atelier. Von ihm stammt denn auch die älteste Fotografie der Stadt Freiberg, nämlich aus dem Jahr 1856. Hier nun ist das Südportal des Meißener Doms, das aus dem Jahr 1310 stammt, noch vor dem Umbau von 1909/1913 dargestellt. Das Foto ist dadurch besonders interessant, dass es die originalen Figuren aus der Zeit um 1390 noch an ihrem historischen Standort zeigt, denn später wurden sie durch unzureichende Kopien ersetzt (für Hinweise danke ich Prof. Dr. Heinrich Magirius, Radebeul). Desweiteren finden sich in dem Album, wie oben bereits erwähnt, zwei Graphitzeichnungen von der Hand des berühmten Hamburger Architekten Martin Haller (1835-1925). Beide Blätter verraten eine hohe Meisterschaft und Fertigkeit. Die eine zeigt ein Paar in einem gotischen Innenraum (Bl. 2r), die andere eine mit sicherem Strich gezeichnete und atmosphärisch aufgeladene Gebirgslandschaft in der Art der Via Mala (Bl. 3r). Haller hatte sich in Potsdam, Berlin und Paris ausbilden lassen und bevorzugte später, in Orientierung an Gottfried Semper, die Hochrenaissance. 1854 beteiligte er sich am Wettbewerb zum neuen Hamburger Rathaus, seit 1861 war er als selbständiger Architekt in Hamburg tätig und verwirklichte in der Folgezeit u.a. zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser. Da der Bau des Rathauses nicht vorankam, legte Haller 1880 mit weiteren Hamburger Architekten einen neuen gemeinsamen Entwurf für das Hamburger Rathaus vor, der dann unter seiner Leitung und Federführung auch realisiert wurde und mit dem heutigen Hamburger Rathaus identisch ist. Neben den Zeichnungen des bekannten Haller ragen einige sehr gute Aquarelle in dem Album heraus, Veduten, von denen unklar ist, ob sie alle von Aurel Sturmhöfel selbst stammen (einige sind jedenfalls nachträglich eingeklebt worden). Die Aquarelle sind weder signiert, datiert noch lokalisiert, doch lässt sich zumindest die Darstellung in fast allen Fällen identifizieren. Bedeutend ist dabei die Ansicht der Liebfrauenkirche in Arnstadt (Bl. 7r), die das Gebäude noch vor den großen Umbaumaßnahmen der zweiten Hälfte des 19. Jhs. zeigt, etwa mit der barocken Zwiebelhaube über dem Glockenturm. Nicht identifizieren ließ sich bislang die auf einem hohen Berg gelegene Burg (Bl. 21v). Eine besonders stimmungsvolle und dennoch präzise Vedute liegt mit dem Haus Zum großen Paradies und Esel in Erfurt vor (Bl. 32v). Eine genaue Inhaltsangabe und ein Gutachten von Dr. Guido Hinterkeuser, Berlin können auf Wunsch gerne zugesandt werden. Zustand: ein Vorsatzblatt und das Blatt mit der montierten Photographie sind aus der Bindung gelöst, das Pergaminpapier stellenweise mit Knickspuren und kl. Einrissen, insgesamt aber sehr wohlerhalten."
Preis: 2800 EUR